hmm, eigentlich kam es immer so rüber, als wärst du älter als 20...aber ich diskutiere gerne auch mit ernsthaften, jungen menschen!
was die wissenschaftlichen grundlagen angeht:
die umfassende klärung eines solchen komplexes wie dem laufverhalten eines tieres oder gar dessen langfristiger gesundheit durch rückführung auf einen faktor (hier: hufbearbeitung. per se aber ebenfalls bereits wieder ein riesen komplex...) auf rein naturwissenschaftlicher basis im sinne der heute praktizierten, verengenden betrachtungsweise aufgrund von einzelnen experimenten, messungen etc. ist nicht möglich.
hat ebenso nicht zwangsläufig mit einzelnen fehlern in der methodik oder in einzelnen meßaufbauten oder gar zu geringer statistischer relevanz zu tun, sondern einfach damit, daß zuviele faktoren sich gegenseitig beeinflussen, als daß man einem einzigen "kleinen teilchen" allgemein ausreichend relevanz zuordnen könnte.
und auch da wird´s schon wieder verwirrend, denn auch dieser satz stimmt nur eingeschränkt, es kann derselbe faktor beim selben tier einmal relevanz aufweisen und einmal nicht, abhängig wiederum von den restlichen faktoren...
man könnte also eigentlich sagen, bereits dieser quasi umfassende anspruch ist ein riesen fehler.
m.e. aber auch nicht so schlimm, denn vieles, was sich sog. echte wissenschaftler nicht "er-messen" können, kann man sich mit etwas grips durchaus auch "er-denken" und, noch viel sinnvoller, gleichzeitig erfahren!
um also auch nur ansätze gesamtwissenschaftlich erfassen zu können, fehlt es mir hier an der wichtigsten komponente, der empirie.
auch in bezug auf die einzelnen theorien oder deine erfahrungen damit lässt sich das wieder auf dieselbe verengung zurückführen, denn keine all dieser theorien hat nur recht oder nur unrecht, vielmehr ist die gesamtheit guter! hufbearbeitung immer eine gemengelage aus all diesen theorien, nicht nur auf die gesamtheit aller tiere, sondern sogar auf das einzelne tier bezogen.
oder, wenn man es richtiger ausdrücken will, eigentlich haben sich die leute, die solche theorien "erfunden" haben, wiederum mit demselben verengten blick, das eine oder andere fitzelchen aus dem gesamtkomplex harausgefieselt, dabei gemerkt, daß da durchaus jeweils eine gewisse systematik dahintersteckt (klar, wenn man bedenkt, daß jede dieser theorien im gesamtkomplex mit drinsteckt?!) und sind fälschlicherweise davon ausgegangen, daß das dann also schon die hufbezogene "weltfomel" sein muss!
k.popper hat das mal recht bezeichnend, wenn auch nicht in bezug auf hufe, als "Nothing Else buttery" bezeichnet, also als "nichts anderes als aberei", also als falschen umkehrschluss. (nur weil der mensch auch ein tier ist, ist er nicht nur nur ein tier...
) >nur weil
auch der fesselstand, die fussung, der sohlenrand etc. im huf stecken, steckt nicht
nur die jeweils daraus gezogene theorie drin.
wo wir schon beim plaudern aus dem nähkästchen sind, in der praxis gelernt habe ich den beruf mehr oder weniger nach fesselstandstheorie, in der beschlagschule wurde dann aber strikt nach fussungstheorie gearbeitet. dabei konnte ich bereits erkennen, daß keine der beiden theorien, wenn konsequent angewendet, wirklich allgemein zufriedenstellende ergebnisse liefern konnte (mit einem eindeutigen malus für die fussung), jedoch war mein lehrmeister gottseidank kein echter theoretiker, sondern hat das eher pragmatisch gesehen, also nach dem motto "solange fesselstand funktioniert, alles gut. wenn nicht, dann muss man´s eben anders machen".
und genau dieses "anders" war in aller regel arbeiten nach der empirischen kenntnis auch des jeweiligen falles...
im laufe der jahre sind viele (heute eigentlich nicht mehr wirklich neue) solcher therorien gekommen und gegangen, einiges hatten alle gemeinsam.
- der (er-)finder dachte immer, er hätte nun endlich die eine, allumfassende lösung, also sozusagen das rührei des kolumbus erfunden, gut zu sehen auch am jeweiligen absolutheitsanspruch (das ist "immer" so)
- ein bisserl von der jeweiligen teorie steckte jeweils in jedem huf, in jedem tier drin
- sie haben aber immer nur dann richtig funktioniert, wenn das jeweilige tier zufällig dazu gepasst hat.
last not least, es gab immer die wie auch immer eher einfachen gemüter, die "übrigblieben", also hinfort nur noch nach dieser jeweiligen theorie gearbeitet haben.
die krux liegt also auch in diesem wissensgebiet vor allem darin, daß mensch (egal, ob nun in lehrschmieden, bei den alternativen oder auch einfach so, also bspw. hier im forum) versucht, seiner doch eher mangelhaft funktionierenden willkürlichen rechenmaschine entsprechend auch die simple lösung zu finden, mit der die klarkommt. (prüfstände, "studien" etcetera sind hier eigentlich das genaue abbild dessen)
was eigentlich garnicht nötig wäre, so er denn den ihm zur verfügung stehenden "rest" auch noch nutzen würde, wie bereits im letzten beitrag angedeutet.
was deine these von der einfachen theorie, an die sich besser alle halten sollten, zwangsläufig widerlegt, denn das bleiben immer zufallstreffer.
und, auch hier bilden die schmiede nicht unbedingt die ausnahme, der hund bei der ausbildung liegt sogar noch weniger in der jeweiligen theorie begraben (gerade bei den schmieden findest du, wie bereits beschrieben, vor allem räumlich differenziert, alle möglichen theorien als grundlage, kaum ein berufszweig arbeitet "theoretisch" so uneinheitlich), sondern vielmehr in der miserablen ausbildung an sich.
als beispiel: die fesselstandstheorie beinhaltet in keinster weise hohe trachten, das kommt nur dann dabei raus, wenn der ganze rest zuvor schon falsch / schlampig gemacht wurde.
was anz angeht: der ist nun eigentlich etwas für besonders simple gemüter, denn da darf man sich an direkte messergebnisse halten, also noch simpler (nicht im guten sinne) als bspw. die theorie vom senkrecht zum röhrbein liegenden tragerand, bei dem man diesen winkel zumindest noch indirekt "um-messen" musste. diese simplifizierung auf messbare größen hin funktioniert leider nicht in für die gesamtmenge der tiere tolerablem ausmaß. s.o.
und leider bilden dabei auch deine erfahrungen als maßstab wieder eine verengung, gut erkennbar neben so manchem fall hier im forum auch an den vielen gegenläufigen erfahrungen der vielen fachleute, die da draussen rumlaufen...
die lösung liegt also nicht und kann auch nicht liegen in der verengung auf möglichst immer simplere beurteilungs- und arbeitssysteme, sondern vielmehr in einer ausbildung, die den ganzen menschen hinzuzieht mit all seinen "sinnen".
problem dabei ist nur, daß das bei den meisten lernenden eben nicht mit ein paar unterrichtseinheiten getan ist, sondern viel zeit und engagement braucht und gleichzeitig die bereitschaft der lernenden in spe scheinbar immer geringer wird, so etwas auf sich zu nehmen.
aber hey, wenn man sich für die ausbildung, um kalte fischschnittchen perfekt zubereiten zu können, viele jahre zeit lassen darf (bspw. um die optimale führung des messers an der struktur eines thunfischfilets entlang erfühlen zu lernen), dann werden wir ja grade noch die ein, zwei jahre übrig haben, um an den gräten des im gegensatz zum toten fisch lebendigen, fühlenden pferdes rumzuschnipseln zumindest in den grundlagen zu lernen?!